Dresdner Pappe

und andere weihnachtliche Dekorationen

Dresdner Pappe und andere weihnachtliche Dekorationen

Texte von Volker Lechler

Wie bei vielen anderen Sammlern auch, begann meine Leidenschaft für Christbaumschmuck mit Glas- und Watteobjekten. Irgendwann las ich dann in einem Artikel etwas über Christbaumschmuck, der aus Pappe hergestellt worden war. In Sammlerkreisen ist er als Dresdner Pappe bekannt. Im englischsprachigen Raum wird er mit ‚Dresdens‘ oder ‚Dresden ornaments‘ bezeichnet. Ich war schnell fasziniert von dieser speziellen Art des Weihnachtsschmucks, der von den Herstellern detailgetreu und feingeprägt gefertigt wurde. Als Historiker, der immer auf der Suche nach dem Anfang einer Geschichte ist, recherchierte ich in Büchern und im Netz nach dem Ursprung der Dresdner Pappe. Ich wollte mehr über die Herstellungsweise und die Produzenten erfahren. Zu meinem Erstaunen musste ich feststellen, dass man über die Geschichte der Dresdner Pappe bis jetzt nur wenig weiß. Um meine eigene Neugierde zu befriedigen, begann ich mit ersten Recherchen bei Sammlerfreunden und Händlern. Der weitere Weg führte mich in Archive und Bibliotheken von Museen. Dabei wurde mir bewusst, dass das, was wir als Dresdner Pappe sammeln, eigentlich ein buntes Sammelsurium ist, bestehend aus Attrappen, Bonbonnieren, Christbaumschmuck und Gegenständen für die damals sehr beliebten Cotillon-Touren. Ich werde auf dieser Website versuchen, auf alle diese Punkte etwas näher einzugehen.

Das, was ich bis jetzt entdeckt habe, möchte ich auf diesen Seiten auch all den anderen Wissbegierigen zur Verfügung stellen, in der Hoffnung, dass wir alle zusammen unser Wissen bündeln und immer mehr über die Geschichte der Dresdner Pappe in Erfahrung bringen können.

Der zeitliche Rahmen, in der Dresdner Pappe hergestellt wurde, kann grob eingegrenzt werden. Vermutlich wurden bereits vor 1870 erste diesbezügliche Stücke in Dresden von Carl Wenzel produziert. Die eigentliche Blütezeit der Dresdner Pappe begann um 1870 und hatte ihren Höhepunkt zwischen 1880 und 1900. Ihr Ende wurde mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 eingeläutet.

Es sollte Jahrzehnte dauern, bevor Dresdner Pappe Objekte wieder in Sammlerkreisen bekannt wurden. Ein Auslöser hierfür war das im Jahr 1979 von Eva Stille herausgegebene Standardwerk Christbaumschmuck. Ein Buch für Sammler und Liebhaber alter Dinge. (Das Werk ist eine wesentlich erweiterte und umgestaltete Neuauflage des von Eva Stille 1972 herausgegeben Buches Alter Christbaumschmuck.) Darin berichtete sie in dem Kapitel ‚Papier und Karton‘ auch über den Christbaumschmuck aus Dresdner Pappe. Stilles Buch erschien in einer Zeit, in der der Eiserne Vorhang Deutschland noch in Ost und West trennte. Nur den wenigsten westdeutschen Sammlern war zu dem Zeitpunkt bekannt, dass dieser besondere, aus Pappe gefertigte Christbaumschmuck je existiert hatte. Dies galt allerdings genauso für Dresden. Selbst in der Ursprungsstadt war er in Vergessenheit geraten.

Das ist eigentlich auch nicht verwunderlich, wenn man zwei Faktoren betrachtet. Zum einen waren Dresdner Pappe Objekte schon damals an den Weihnachtsbäumen nicht weit verbreitet. Zu diesem Schluss muss man kommen, wenn man die noch zahlreich existenten Fotos von historischen Weihnachtsbäumen betrachtet. Der Beobachter kann darauf in erster Linie die unterschiedlichsten Glaskugeln, Lametta und vereinzelt Wattefiguren finden. Dresdner Pappe Stücke lassen sich nur ganz vereinzelt entdecken und das, obwohl diese spezielle Form des Christbaumschmucks von den damaligen Produzenten als preisgünstige Variante für den Weihnachtsbaum angepriesen wurde. Beispielhaft möchte ich hier eine  Studioaufnahme von 1907 zeigen, auf der mindestens zwölf Dresdner Pappe Objekte zu entdecken sind.

Ein anderer Grund, warum die Dresdner Pappe in Vergessenheit geraten ist, beruht auf der Tatsache, dass viele der sehr empfindlichen Dresdner Pappe Stücke im Laufe der Jahrzehnte und durch die verheerenden Wirren des Zweiten Weltkrieges teilweise einfach verloren gegangen sind.

Seitdem hat sich viel getan. Die Dresdner Pappe wurde zu einem der begehrtesten Sammelgebiete von Christbaumschmuck und die Preise stiegen und steigen kontinuierlich. Manche der seltenen, ausgefallenen und aufwendig gestalteten Objekte (wie zum Beispiel Gegenstände in Kombination mit Personen, Kutschen, Autos, Schiffe, Tierköpfe oder Knallbonbons) erzielen heute auf internationalen Auktionen Preise von mitunter mehreren tausend Euro oder Dollar.

Wo viel Geld im Spiel ist, sind Fälschungen normalerweise nicht weit, aber es ist gar nicht so einfach, die Qualität der Originalstücke mit ihren feinen Prägungen und der entstandenen Patina nachzumachen. In Amerika gibt es einen Produzenten, der versucht seine klar als Neuware bezeichneten Erzeugnisse an historische Dresdner Pappe Stücke in Motivwahl und Größe anzulehnen. Man erkennt allerdings den Unterschied zwischen Alt und Neu anhand der Prägung und der Farben sofort. Trotzdem gibt es leider immer wieder ‚unredliche‘ Verkäufer, die versuchen, die neuen Stücke als ‚alten‘ Christbaumschmuck an Unwissende zu verkaufen. Letztendlich hilft dem Sammler nur die Erfahrung und ein Blick in die wenigen einschlägigen Fachpublikationen.

In der Zeitschrift Welt der Frau wurde im Jahr 1905 eine weihnachtliche Illustration veröffentlicht, die ebenfalls Dresdner Pappe Objekte am Weihnachtsbaum zeigen dürfte.

Beispielhaft möchte ich hier ein paar Werke nennen. Sammler orientieren sich meist an den Veröffentlichungen, die zahlreiche Abbildungen enthalten. Zu nennen wären hier:

– George Johnson: Pictorial Guide to Christmas. Ornaments & Collectibles. Identification and Values, Collector Books, Kentucky 2004

– Sammlung J. G. Hrncirik: Luxus aus Pappe. Dresdner Christbaumschmuck 1870–1914 (Eigenverlag 2010) und dem dazugehörigen Nachtragsband (Eigenverlag 2013)

– Wiltrud Elbert: Kostbarkeiten aus Karton. Dresdner Christbaumschmuck 1870–1920 (Eigenverlag 2016)

Leider ist das von Zievi Utz begonnene Werk Güldener Karton, das zahlreiche wirklich seltene Objekte enthalten hätte, nie vollendet worden. Jeder, der selbst vom Sammelfieber befallen ist, weiß, dass es Jahre, wenn nicht Jahrzehnte braucht, um ein, trotz der Nachschlagwerke, halbwegs fundiertes Wissen über sein Sammelgebiet aufzubauen. So ist dies auch bei mir. Ich sammle nun schon viele Jahre, aber das, was ich Ihnen hier präsentiere, ist nur eine Momentaufnahme, ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit. Viele Fragen, wie zum Beispiel, wer alles zum Herstellerkreis gehörte und wie die genauen Produktionsschritte waren, können nur teilweise mit Sicherheit beantwortet werden.

Auf dieser Website finden Sie auch eine Bildergalerie, die die Vielfalt der Dresdner Pappe Stücke zeigen soll. Um dieses Unterfangen weiter vorantreiben zu können, würde ich mich freuen, wenn mir Sammlerinnen und Sammler Fotos von Stücken oder Varianten aus ihren Kollektionen, die hier noch nicht gezeigt werden, für die Website zur Verfügung stellen würden. Auch Hinweise auf weitere Hersteller sind sehr willkommen!

Begleitend zum Thema Dresdner Pappe möchte ich auf dieser Website auch noch auf ein paar andere Aspekte rund um das Thema weihnachtliche Dekorationen, Christbaumschmuck und die Geschichte von Weihnachten eingehen. Sie finden die Texte dazu im Schlagwortregister unter der Überschrift ‚Weihnachtliche Miscellen‘.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und hoffentlich auch ein paar neue Erkenntnisse.