Dresdner Pappe

- Hersteller

Nicht alle Hersteller des ‚Dresdner Pappe Christbaumschmucks‘ sind bis heute bekannt. Das liegt zum einen daran, dass sich nur wenige Verkaufskataloge aus der Zeit erhalten haben, die einen Einblick in die damalige Produktpalette geben könnten, zum anderen warben nur wenige Hersteller offen damit, dass sie Christbaumschmuck aus Pappe herstellten. Und selbst bei denjenigen, die in ihrer Werbung darauf hinwiesen, kann heute größtenteils nicht mehr festgestellt werden, was sie für eine Art von Christbaumschmuck produzierten. Christbaumschmuck aus Papier beziehungsweise Pappe ist ein weites Feld. Der Begriff bedeutet nicht automatisch, dass damit die feingeprägte dreidimensionale ‚Dresdner Pappe‘ gemeint war. So gab es auch aus flacher Pappe ausgestanzte und bedruckte Sterne, Engel, Sinnsprüche und sonstige Festartikel mit weihnachtlichen Motiven. Selbst der Hinweis, dass Firmen „Christbaumschmuck in Gold- und Silbercarton“ fertigten, bedeutete ebenfalls nicht automatisch, dass damit die ‚Dresdner Pappe‘ Varianten gemeint waren.

Hersteller die nachweislich Dresdner Pappe auch als Christbaumschmuck produzierten

Anhand von alten Katalogen oder Hinweisen in alten Veröffentlichungen konnten bis jetzt mit Sicherheit fünf Firmen namentlich identifiziert werden, die ‚Dresdner Pappe Christbaumschmuck‘ produzierten. Ihre Namen sind: 

Carl Wenzel, Dresden (Inhaber waren: Carl Oswald Wenzel und Carl Bruno Wenzel). Sie produzierten zwischen 1860 und 1919 Attrappen, Christbaumschmuck, Gegenstände für Cotillon-Touren, Feinkartonagen, Festartikel, Spielzeug und Verlagsprodukte aus Pappe beziehungsweise Karton. 

Gelbke & Benedictus, Dresden (gegründet 1870. Inhaber waren: E. Mor. Gelbke und C. Jos. Benedictus). Sie stellten bereits 1875 Papierchristbaumschmuck her.[i] Des Weiteren lieferten sie unter anderem auch Attrappen, künstliche Blumen, Cotillon- und Karnevalsartikel, Papierlaternen und Christbaumschmuck.[ii]

Gottschald & Co., Dresden. Die Firma produzierte militärische Requisiten für Jungen wie Helme und Brustpanzer aus Pappe, Cotillon-Orden, Karnevalsmützen, Bonbonnieren aus Karton und Christbaumschmuck. In dem Preis-Courant der Phantasie- & Luxus-Cartonnagen-Fabrik Saison 1885–86 bot die Firma Christbaum-Verzierungen und Bonbonnieren an.

E. Neumann & Co., Dresden (gegründet 1887), stellte ebenfalls Attrappen, Cotillon– und Karnevalsartikel, Dekorationselemente, Knallbonbons, Kostüme, Mützen, Papierlaternen und Christbaumschmuck her. In einer Preisliste aus dem Jahr 1888/89 wurden 59 Einzelnummern und 22 verschiedene Sortimente mit ‚Dresdner Pappe‘ Objekten angeboten. Die Firma Neumann & Co. produzierte zahlreiche der bekannten ‚Dresdner Pappe‘ Tierdarstellungen, die sie in Kartons zu 6, 10 und 12 anbot, und offerierte ihren Kunden auch fünf Karton-Varianten mit jeweils 50 verschiedenen Gegenständen. Unter der Bezeichnung ‚Gegenstände‘ subsumierte

In diese Reihe der Hersteller gehört auch eine fünfte Firma, die nicht in Dresden ansässig war. Die Rede ist von: 

N[iels] L[und] Chrestensen, Erfurt (gegründet 1867 als Kunst- und Handelsgärtnerei). Ende des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden hier zudem Cotillon-Artikel hergestellt. In dem Katalog aus dem Jahre 1880 warb die Firma, noch sehr am Rande, für Christbaum-Verzierungen und Decorationen. Im Laufe der Jahre entwickelte sie die Produktpalette weiter. In ihrer Preisliste aus dem 1888 sieht man dies deutlich.

Chrestensen bot seinen Kunden vier Sortimente an (beinhaltend 35, 40, 50 oder 60 verschiedene Gegenstände als Christbaumverzierungen), „hergestellt aus hochfeinem und sauberst geprägtem Metallpapier in Verbindung mit farbiger Galantine und Seide in hochelegantester Ausführung“. Da die Firma Chrestensen bei den Cotillon-Artikeln auch als Wiederverkäufer von Produkten anderer Produzenten auftrat, ist nicht ganz klar, ob, und wenn ja, inwieweit dies auch für den Christbaumschmuck galt. 

Die genannten Firmen waren eigentlich in erster Linie Spezialisten für die Ausstattung von Festlichkeiten im Allgemeinen und Tanzveranstaltungen im Besonderen. Für ihre Kunden produzierten sie unzählige Dekorationsstücke aus Papier, Pappe, Karton oder Pappmaché. Zu ihrem Produktportfolio gehörten Attrappen, Bonbonnieren, alle möglichen Gegenstände für Cotillon-Touren und Cotillon-Orden. Diese Objekte waren, wie der Christbaumschmuck, meist aus Papier / Karton / Pappe gefertigt und stellten häufig Alltagsgegenstände in Miniaturform dar.

Gerade die letztgenannten Dinge erfreuten sich bei den Kunden besonderer Beliebtheit. So kam es, dass sie aufgrund ihres Miniaturformates für viele zu schade waren, um sie wegzuschmeißen. Wie der Christbaumschmuck aus Pappe wurden auch diese Stücke an den Weihnachtsbaum gehängt. Das ist einer der Gründe, warum eine Grenzziehung zwischen Dresdner Pappe und Gegenstände für Cotillon-Touren kaum möglich ist. Zudem kam es durchaus vor, dass Objekte eine Zwitter-Funktion hatten. Sie waren einerseits für Cotillon-Touren gedacht, wurden aber andererseits auch als Christbaumschmuck verkauft. Das lässt sich gut am Beispiel der aus Pappe hergestellten Miniaturmusikinstrumente wie Harfen, Gitarren, Lauten, Lyras oder Trompeten belegen.

Aufgrund dieser unklaren Grenzziehung kann die Palette der Hersteller durchaus viel größer gewesen sein. Weitere Kandidaten, die ich bis jetzt finden konnte und die möglicherweise auch Dresdner Pappe Christbaumschmuck hergestellt haben, möchte ich im Folgenden alphabetisch nennen. Die Schwierigkeit ist für mich, dass Belege, zum Beispiel in Form von alten Verkaufskatalogen, fehlen, um verifizieren zu können, ob, und wenn ja, welche dieser Produzenten dreidimensionalen Christbaumschmuck fabrizierten.

Christbaumschmuck-Hersteller, die möglicherweise Dresdner Pappe beziehungsweise Christbaumschmuck aus Karton / Pappe hergestellt haben

Alpian-Bennewitz, Leipzig. Die Firma hatte ein großes Produktportfolio von Attrappen, Cotillon-Artikeln, Girlanden, Gratulations- und Postkarten, Haussegen und Sprüchen, Knallbonbons, Küchen- und WC-Papieren, Papptellern, Schreib-, Mal und Zeichenbedarf, Scherzartikeln, Tisch- und Saaldekorationen, Tüten und Christbaum-Artikeln aus Pappe. Sie war sehr erfolgreich und wurde mit Auszeichnungen und Medaillen auf Weltausstellungen (Moskau 1872, Leipzig 1887 und Chicago 1894) bedacht.

Deutsche Christbaumschmuck und Attrappen Manufactur Benas & Co., Berlin und Oberwiesenthal

Franz Fröhlich, Dresden (gegründet 1832) wird in der Ausgabe des Fabrikanten Adressbuch vom Königreich Sachsen und den Thüringischen Staaten aus dem Jahre 1893 als ‚Fabrik für Cotillon- und Baumverzierungen‘ genannt.[iii] In einer Werbung aus dem Jahr 1906 wird er als königlich sächsischer Hoflieferant bezeichnet. In der Werbung heißt es: „Fabrik-Lager von Kotillon als Kopfbedeckungen, Kotillontouren, Kotillonorden, Attrapen [sic!], Baumverzierungen, Illuminationslaternen, Bigotphones“.

Arthur Fuchs & Co., Lauscha. In dem vom Export-Verein für das Königreich Sachsen 1911 herausgegebenen Adressbuch der gesamten sächsisch-thüringischen Industrie heißt es zur Produktionslinie: Glasartikel, künstliche Früchte usw. aus geprägtem Gold- und Silber-Karton und Lametta[iv].

Heinrich Grotjan, Dresden (gegründet 1884) warb 1901 mit dem Hinweis, eine „Fabrik von Christbaumschmuck aller Art (ausser Glas und Zinn)“ zu sein. Sie stellte unter anderem Cotillon- und Karnevalsartikel her. Im Jahr 1907 lautete eine Werbung dann wie folgt: „Spezialität Christbaumschmuck aus geprägtem Gold- und Silber-Karton und Lametta. Cotillon-Artikel, Papier-Kopfbedeckungen, Touren, Orden etc.“ Grotjan exportierte seine Produkte unter anderem nach Russland und Nordamerika. In dem vom Export-Verein für das Königreich Sachsen 1901 herausgegebenen Adressbuch der gesamten sächsisch-thüringischen Industrie wurde die Firma unter der Rubrik Christbaumschmuck in der Unterkategorie a.: ‚Cartonnagen‘ gelistet.

W. Hoppenworth, Berlin (gegründet 1838). Buchbinderei- und Fabrik von Kotillon-Dekorationen, stellte unter anderem Attrappen, Bouquets, Cotillonartikel, Knallbonbons, Orden und Weihnachtsbaumbehang her (laut Berliner Adressbuch 1887).

Albert Hoyer & Sohn, Dresden (gegründet 1865) wurde ebenfalls in dem vom Export-Verein für das Königreich Sachsen 1901 herausgegebenen Adressbuch der gesamten sächsisch-thüringischen Industrie in der Rubrik ‚Christbaumschmuck in der Unterkategorie a.: Cartonnagen‘ gelistet. Leider konnte ich noch keine weiteren Hinweise finden, was genau Hoyer & Sohn herstellte.

Hubold & Co., Dresden. Diese Firma stellte unter anderem Attrappen für den Christbaum und zum Befüllen mit Zuckerware her (laut Werbung 1889/90).

Kröber und Lahode, Dresden. Kartonagenfabrik, die Attrappen, Cotillonartikel und Papierlaternen herstellte (laut Dresdner Adressbuch 1890. Die Firma wurde vermutlich 1900 in Firma Carl Helck umbenannt).

Kunze & Co., Buchholz. Laut einer Angabe im 1901 herausgegebenen Adressbuch der gesamten sächsisch-thüringischen Industrie warb die Firma damit, auch „Christbaumschmuck in Gold- und Silbercarton“ herzustellen. Mir ist sie bis jetzt vor allem durch ihre Cotillon-Orden, ihre Engelsflügel für Weihnachtsaufführungen und ihre Diademe und Kronen aus Pappe bekannt.

Ed. Moniae, Berlin (gegründet 1830. Feierte 1930 sein 100-jähriges Bestehen). Luxuspapierwarenfabrikation, Christbaumschmuck, Attrappen.

Robert Richter, Wurzen (gegründet um 1900). In dem vom Export-Verein für das Königreich Sachsen 1901 herausgegebenen Adressbuch der gesamten sächsisch-thüringischen Industrie wurde die Firma unter der Rubrik Christbaumschmuck in der Unterkategorie a.: ‚Cartonnagen‘ gelistet. In einer Werbung hieß es: Papierlaternen, Luftballons, Christbaumdekorationen, Oster-Tüten, Bockmützen.

C. Schmidt, Erfurt war Hersteller von Cotillon-, Ball und Scherzartikeln sowie von Saaldekorationen. Im Angebot hatte er auch Christbaumschmuck, allerdings war dieser teilweise von der Dresdner Firma Neumann & Co. übernommen.

Max Spillner, Radebeul-Dresden. Luxuscartonnagen-Fabrik, die Attrappen und Füllartikel anfertigte.

5 Bild DP Hersteller Spillner

R. Springfeld, Dresden. Fabrik für Cotillon-Orden und Attrappen.

Villwock, Berlin: Fabrik für Fantasie-Kartonagen, Bonbonnieren, Ostereierattrappen, Christbaumschmuck und Cotillongegenstände (unter anderem erwähnt im Berliner Adressbuch von 1884).

Wurzener Cartonnagenfabrik Pflaum & Baeßler, Wurzen (gegründet 1882 von Georg Pflaum, dessen Bruder und einem Herrn Baeßler). Sie stellte Feinkartonagen für die Schokoladen-, Zuckerwaren- und Nahrungsmittelindustrie her. Im Jahr 1890 übernahm Otto Paul Kraner die Firma. Unter seiner Leitung wurden Attrappen (vornehmlich für die Schokoladenindustrie), Christbaumschmuck, Kartons in allen Größen, Luxusartikel, Cotillon-Gegenstände, Ostereier aus Pappe und Papierlaternen fabriziert.

Zimmermann & Breiter, Wurzen (gegründet 1857). Die beiden Buchbinder Carl August Zimmermann und Bernhard Breiter stellten anfänglich Galanteriewaren, Pappkästen und Schatullen her. Im Jahr 1893 wurde die Firma um eine Lithographische Kunstanstalt und Steindruckerei erweitert.[v] Die Produktlinie umfasste nun Attrappen, Christbaum-Dekorationen aus Karton beziehungsweise Pappe, Globen in verschiedenen Größen, Ostereier, Fantasie- und Luxus-Kartonagen und Schachteln aller Art (vornehmlich für die Konfekt- und Schmuckindustrie). In einem Artikel in der Gartenlaube aus dem Jahr 1874 heißt es unter anderem:

Die Herren Zimmermann und Breiter beschäftigen in ihrem sehr gut geleiteten Etablissement meist Mädchen mit der Herstellung der saubersten, zierlichsten Sächelchen (Nippes) aus Papier.

Um das Jahr 1900 soll die Firma fast 1.000 Beschäftigte gehabt haben.

Am Schluss bleibt nur noch zu sagen, wo solche Stücke gekauft werden konnten. Angepriesen wurden solche Dinge für den Endkunden entweder über Kataloge, in Geschäften oder auf Ausstellungen. Produzenten und Wiederverkäufer wiederum trafen sich regelmäßig auf der berühmten Leipziger Messe. Hier gab es im Jahr mehrere Messen zu unterschiedlichen Themen. Spielwaren, Karnevals- und Cotillon-Artikel sowie Attrappen und Christbaumschmuck wurden auf sogenannten ‚Musterlagermessen‘ im Frühjahr (zum Beispiel auf der ‚Vor-Oster-‘ oder der regulären Oster-Messe) angeboten. Die Hersteller konnten hier eine Auswahl aus ihrem Produktportfolio präsentieren. Ausländische Kunden war es dadurch möglich, bereits im Frühjahr ihre Bestellungen für das Weihnachtsgeschäft aufzugeben. Die Hersteller wiederum hatten genügend Zeit, die Dinge zu produzieren und für den Export vorzubereiten.  

[i] Pieske, Christa: Das ABC des Luxuspapiers. Herstellung, Verarbeitung und Gebrauch 1860 bis 1930. Unter Mitarbeit von Konrad Vanja und anderen, Berlin 1984 (Begleitband zur Ausstellung).

[ii] Fabrikanten Adressbuch vom Königreich Sachsen und den Thüringischen Staaten. Bearbeitet nach behördlich revidierten Originalunterlagen von O. Flohr, Dresden 1893, S. 34.

[iii] Fabrikanten Adressbuch vom Königreich Sachsen und den Thüringischen Staaten. Bearbeitet nach behördlich revidierten Originalunterlagen von O. Flohr, Dresden 1893, S. 34.

[iv] Export-Verein im Königreich Sachsen (Hrsg.): Adressbuch der sächsisch-thüringischen Industrie, Dresden 1911, S. 273.

[v] Klinkhardt, Richard: Die Wurzener Industrie 1797–2002 (Sächsisches Wirtschaftsarchiv E.V. Erinnerungen 5), Beucha 2005, S. 94 ff.