"Dresdner Pappe"

- Varianten aus dem Ausland

Neben den deutschen Dresdner Pappe Herstellern gab es auch Hersteller im Ausland, die versuchten, ähnliche Stücke zu produzieren. Eine in Sammlerkreisen mittlerweile bekannte Firma war „Fürth“ im tschechischen Budweis. Da es in Budweis mindestens zwei Firmen mit dem Namen Fürth gab, ist leider nicht ganz klar, wer die bekannten Papp-Gegenstände anfertigte. Letztlich könnten beide solche Stücke hergestellt oder verwendet haben. Infrage kommen die Schokoladenfabrik von Veit Fürth & Sohn, die bereits um 1861[i] oder die Firma von Emanuel Fürth, die 1863 als Fabrik zur Erzeugung von Papiermaché, Spiel- und Kurzwaren gegründet wurde.[ii]

Beispiel einer Verpackungsschachtel aus der Fabrik Veit Fürth

Die Objekte mit dem Herstellernamen Fürth sind leicht zu erkennen. Die Prägung ist gröber, sie sind meist golden und haben teilweise die geprägte Aufschrift „Déposé FÜRTH“. Ein anderes Unterscheidungsmerkmal zur klassischen Dresdner Pappe ist die häufig anzutreffende Papp-Befestigungsöse, die jeweils oben am Objekt angebracht ist. Bei genauerer Betrachtung der Stücke von Fürth fällt auf, dass ein Großteil von ihnen ursprünglich eindeutig als Bonbonniere gedacht war und erst von ihren späteren Besitzern zum Christbaumschmuck umfunktioniert wurde.[iii] Ab wann und wie lange solche Stücke hergestellt wurden, konnte leider nicht in Erfahrung gebracht werden. Beide als Produzenten mögliche Firmen existierten noch nach dem Ersten Weltkrieg.[iv] Frau Wiltrud Elbert vermutet in ihrem Werk Kostbarkeiten aus Karton. Dresdner Christbaumschmuck 1870–1920, dass die Objekte aufgrund ihrer gröberen Ausführung erst nach 1920 produziert worden seien.[v] Dagegen spricht, dass beide Firmen bereits lange vor dem Ersten Weltkrieg existierten. Warum sollte dann eine Firma wie Fürth nicht Ende des 19. Jahrhunderts der allgemeinen Mode gefolgt sein, Attrappen und Bonbonnieren als Verpackungen zu produzieren? Salopp ausgedrückt, sie wären schön dumm gewesen, die hierfür große Nachfrage in Europa nicht zu bedienen. Ich vermute daher, dass die Stücke, die aus der Fürth-Produktion stammen, bereits vor dem Ersten Weltkrieg hergestellt wurden und sie, wie die deutschen Hersteller der Dresdner Pappe auch, ihre Produktion mit Beginn des Ersten Weltkrieges einstellten.

Auf der linken Abbildung kann man die Prägung „Déposé FÜRTH“ sehen.

Neben Fürth gab es vereinzelt weitere ausländische Hersteller, die versuchten, verschiedenste Dekorationsgegenstände aus Karton beziehungsweise Pappe zu fertigen. In Theresienstadt (Böhmen) gab es zum Beispiel die ‚Cartonagerie‘ Wilhelm Fuder die Bonbonnieren und Attrappen für den Christbaum produzierte. Von einem bislang unbekannten österreichischen Hersteller stammt die aus Pappe geprägte Walnuss.

In Japan hergestellte Koffer-Attrappen mit Schreibfehlern.

Aus Japan sind ebenfalls einzelne Objekte bekannt. Vonseiten der deutschen Hersteller wurde sogar vermutet, dass es eine von Japan betriebene Industriespionage im Kreis Sonneberg, wo viele Attrappen hergestellt wurden, gegeben haben muss. Die diesbezüglichen japanischen Erzeugnisse und Produktionsmethoden ähnelten den deutschen Stücken verdächtigerweise sehr.[vi]

Am großen Erfolg der deutschen Luxuspapierwaren wollten noch weitere internationale Hersteller partizipieren. Einer oder mehrere davon saßen in Russland, allerdings ist leider bis jetzt kaum etwas über die russischen Produzenten bekannt. Bei der Motivauswahl der frühen russischen Stücke ist eindeutig zu erkennen, dass sie die in Deutschland hergestellten Dresdner Pappe Stücke als Vorlage nahmen. Das ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass in wohlhabenden Kreisen des Zarenreiches Dresdner Pappe bekannt und beliebt war. Sie wurden von den russischen Kunden als ausländische oder prächtige Pappe bezeichnet. Im Folgenden sehen Sie fünf Beispiele von russischen Kopierversuchen. Links die russische und rechts die deutsche Originalvariante.

An den vorliegenden Beispielen kann man gut den Unterschied erkennen. Die Prägung der russischen Stücke ist gröber und die Farben sind mitunter greller. Es gibt noch mehr russische Varianten, die heute in Sammlerkreisen irrtümlicherweise zur Dresdner Pappe hinzugezählt werden. Wieder links die russische und rechts die deutsche Originalvariante:

Es gibt noch weitere russische Objekte, die immer wieder der Dresdner Pappe zugerechnet werden. Das sind unter anderem:

In Russland scheint sich die Tradition, Christbaumschmuck aus Karton herzustellen, noch bis ca. 1970 gehalten zu haben. Diese Stücke sind mit den Dresdner Pappe Vorlagen aber nicht mehr zu vergleichen. Die russischen Objekte wurden im Laufe der Zeit immer flacher, einfacher in den Ausführungen und mit oftmals grellen Farben bemalt. Späte Stücke eines solchen geprägten Kartonschmucks zeigen unter anderem neben Tiermotiven auch Darstellungen der russischen Raumfahrt.

[i] Siehe dazu Wiener Zeitung vom 8. Oktober 1861, S. 3656. Um 1870 produzierte die Firma Veith, (Ignaz und Viktor) Fürth & Sohn k. und k. Hoflieferant in Budweis, Likör, Essig, Süßwaren und kandierte Früchte. Sie bekam 1873 eine Medaille auf der Wiener Weltausstellung. Für ihre Liköre bekamen sie die Auszeichnung des österreichischen Kaiserhofes ‚Hoflieferant‘.

[ii] Vgl. dazu: Gerichtshalle, 7. Jg. (1863), Nr. 62 (5. November), S. 521.

[iii] Man kann das daran erkennen, dass sie an einer Stelle normalerweise fest miteinander verbunden sind, ansonsten aber aufgeklappt werden konnten. Spätere Besitzer haben sie dann an der Öse zusammengebunden oder insgesamt zusammengeklebt. Wobei die Klebung oftmals schlecht ausgeführt wurde und die Stücke dadurch schief wurden.

[iv] Emanuel Fürth war mittlerweile verstorben und die Firma firmierte als: Em. Fürth’s Witwe & Sohn.

[v] Elbert, Wiltrud: Kostbarkeiten aus Karton. Dresdner Christbaumschmuck 1870–1920, Selbstverlag 2016, S. 14.

[vi] Stephan, A.: Der Absatz der deutschen Spielwarenindustrie unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in der Nachkriegszeit, Dissertation Halle 1924, S. 80.